Herr (version b)
INTERPRETATION


Der Fragesteller; Man/Bub; Einfluss männlicher Geschlechterrollen/stereotype  


Die Bedeutung:

Hinweis In meinem Lenormand Deck gibt es zwei Versionen des Herrn - im Augenblick sehen Sie Herr (b). Die folgenden Interpretationen gelten für beide Herren. Nur der Absatz über >> das Bild ist bei >> Herr (a)anders.

So wie auch die Dame spielt der Herr eine spezielle Rolle im Lenormand Deck. Er wird (fast) ausschließlich als Repräsentant für eine Person interpretiert: als Mann (oder Bub). Abgesehen davon, dass er männlich ist, trägt er gewöhnlich keine definierenden Attribute - mit der Ausnahme, die ich im vierten Absatz beschreibe.

Der Herr repräsentiert den Fragesteller: Ist der Fragesteller männlich, repräsentiert der Herr den Fragesteller. Andere männliche Personen müssen dann von anderen, "gewöhnlichen" Karten vertreten werden (oft: vom Reiter oder vom Hund) - oder, wenn Sie mit beiden Versionen des Herrn lesen, vom der anderen Version des Herrn.

Der Herr repräsentiert den Partner der Fragestellerin: Ist die Fragestellerin weiblich, repräsentiert der Herr ihren männlichen Partner (Ehemann oder festen Freund) oder, wenn sie Single ist, den Mann, an dem sie amouröses Interesse hat - selbst wenn die Fragestellung sich weder direkt auf einen festen Partner noch auf ein amouröses Interesse richtete. Nach dieser Herangehensweise werden andere männliche Personen, z.B. eine bloße Affäre, ein platonischer Freund oder männlicher Verwandter, immer von anderen, "gewöhnlichen" Karten vertreten (z.B. Reiter, Hund). Für eine alternative Herangehensweise bitte einfach weiterlesen.

Der Herr repräsentiert die relevanteste männliche Person: Ich persönlich weise den Herrn nicht streng nach der oben beschriebenen Methode zu. Für mich repräsentiert er immer diejenige männliche Person, die im Kontext der Fragestellung am relevantesten ist. Oft ist das ganz selbstverständlich, weil sich die Frage ganz explizit um einen bestimmten Mann dreht (z.B. "Wie mache ich meinen Partner glücklich?"). In solchen Fällen repräsentiert der Herr für mich definitiv den in der Fragestellung erwähnten Mann. Wird in der Fragestellung kein Mann explizit genannt, geben ich dem Herrn nicht automatisch eine bestimmte Identität. Natürlich ist es oft der Partner einer Person, der den größten Einfluss auf ihr Leben hat. Oft wird die relevanteste männliche Person in Bezug auf ein Anliegen daher tatsächlich der Partner sein. Aber das ist nicht notwendigerweise der Fall! Um herauszufinden, welcher Mann für die konkrete Fragestellung am relevantesten ist, bitte ich einfach die Fragestellerin um mehr Informationen, und ich sehe mir oft die Karten an, die um den Herrn herumliegen - oft beschreiben diese genauere Charakteristika, die seine Identität verraten. Wie gesagt, oft wird es sich dabei um den Partner (oder festen Freund) handeln. Aber es ist nicht ungewöhnlich, dass die männliche Person, die im Kontext der Fragestellung am wichtigsten ist, ein ganz anderer Mann ist - zum Beispiel eine heimliche Affäre, ein männlicher Verwandter (Sohn, Vater, Bruder etc.), ein guter Freund, ein Arbeitskollege, oder sogar ein Mann, von dessen Existenz die Fragestellerin noch nichts weiß, bzw. ihr "idealer" Fantasiemann, den sie nicht loslassen kann. Manchmal bleibt die Identität des Herrn auch offen. Und manchmal, wenn eine Legung keinen Sinn ergibt, egal von welcher Perspektive ich die Karten ansehe, liegt es daran, dass man dem Herrn die falsche Identität zugewiesen hat, sich die Karten also auf jemand anderen beziehen, als man glaubt.

Welche Attribute hat der Herr? Der Herr repräsentiert eine männliche Person. Für viele KartenlegerInnen, darunter auch für mich, ist "Männlichkeit" die einzige fixe Eigenschaft. Ob diese männliche Person jung ist oder alt, traurig oder glücklich, ehrlich oder unehrlich, in Kontrolle oder hilflos, welche Hoffnungen er hat, welche Motive ihn leiten etc., steht nicht fest und wird aus seiner Position im Legesystem bzw. aus umgebenden Karten abgeleitet. Allerdings: Während sie darauf bestehen, dass sein männliches Geschlecht seine einzige feststehende Eigenschaft ist, gehen manche KartenlegerInnen dennoch einen Schritt weiter. Sie weisen dem Herrn noch eine ganze Reihe weiterer Attribute zu, von denen sie glauben, dass sie inhärent "männlich" seien, bzw. "maskulin". So habe ich zum Beispiel den Herrn als "Rationalität", "Kraft" oder "Aggression" interpretiert gesehen. Diese Sicht auf Männlichkeit und Weiblichkeit verursacht mir persönlich allerdings Bauchschmerzen. Sie impliziert sehr limitierende und wertende Annahmen darüber, was ein "echter" Mann ist. Sie impliziert, dass ein Mann, der diese Eigenschaften nicht gut sichtbar vor sich herträgt, stattdessen vielleicht sogar ihre (scheinbaren) Gegenteile - Emotionalität, Schwäche, Sanftmut - weniger Mann ist, "feminin" ist. Und sie impliziert, dass Frauen, die diese Eigenschaften zeigen, weniger Frau sind, "maskulin" sind. Ich aber glaube, dass ein z.B. sanftmütiger Mann nicht ein Mann mit starken "weiblichen Tendenzen" ist, sondern eben ein sanftmütiger Mann. Wenn eine Frau dominant ist, macht sie das nicht männlich; sie ist dann eben eine dominante Frau. Kurz gesagt: Ich persönlich weise dem Herrn keine bestimmten, angeblich typisch männlichen Charaktereigenschaften zu, weil ich glaube, dass diese Eigenschaften eigentlich gar nicht einem von beiden Geschlechtern zugewiesen werden können.

Der Einfluss männlicher Geschlechterrollen bzw. Stereotype: Oben schrieb ich, dass ich es falsch finde, (scheinbar) dichotome Charaktereigenschaften entlang der Geschlechterlinien zuzuordnen. Allerdings ist es das, was viele, vielleicht die meisten Menschen tun. Und diese Vorstellung darüber, was inhärent männlich bzw. weiblich ist beeinflusst dann natürlich ihr eigenes Verhalten. Sie beeinflusst, wie sie sich selbst sehen, wie sie über andere urteilen, und welche Entscheidungen sie für sich und andere treffen. Wenn der Herr daher in einer Legung für einen männlichen Fragesteller auftaucht, könnte er ein Hinweis dafür sein, dass die Vorstellungen des Fragestellers darüber, was ein "richtiger" Mann ist, seine Situation stark beeinflussen. Sie könnten ihm beispielsweise Handlungsoptionen, die er eigentlich hätte, als nicht gangbar erscheinen lassen. Und etwas ganz ähnliches gilt auch für Legungen für weibliche Fragestellerinnen. Auch ihre Ideen, was es bedeutet, männlich, oder maskulin, zu sein, werden beeinflussen, wie sie z.B. die Männer in ihrem Leben sehen, und werden ihr eigenes Verhalten beeinflussen (z.B. "Vielleicht sollte ich lieber nachgeben; ich muss aufpassen, nicht zu stur und damit unattraktiv zu erscheinen!"), bzw. ihr Verhalten gegenüber Männern (z.B. "Männer sind willensstarke, zähe Kreaturen; ich werde meinen Partner diese mühsame/herausfordernde Aufgabe erledigen lassen, er kann das leichter handhaben!")

Andere: In einigen seltenen Fällen kann es durchaus produktiv sein, den Herrn als Situationen oder Orte zu interpretieren, die für gewöhnlich männlich dominiert sind(z.B. Politik, Militär, Fußballplatz etc.). Ich tue das allerdings nur, wenn es der Kontext relativ eindeutig nahelegt (z.B. wenn der Fragesteller nach Sozialkontakt sucht), oder wenn umgebende Karten darauf hindeuten. So könnte man zum Beispiel die Kombination Herr+Ring als "Männerverein" deuten, oder Mann+Hund als "Selbsthilfegruppe für Männer".


See also the annakblogs article >> So, is the Man a positive or a negative card?


Das Bild:


Der Herr für sich alleine: Mein Herr (b) sieht von der Betrachterin weg, in die Karte hinein. Ich entschied mich für dieses Design, weil der Herr keine bestimmten Eigenschaften repräsentiert, abgesehen davon, dass er männlich ist. Hätte ich sein Gesicht gezeigt, hätte ich ihm einen bestimmten Gesichtsausdruck geben müssen, ein bestimmtes Alter, eine bestimmte Rasse. Sagen wir, ich hätte ihn asiatisch aussehen lassen. Was, wenn der Mann, den er in einer konkreten Legung repräsentiert, von arabischer Abstammung wäre? Was, wenn ich einen still-strengen Gesichtsausdruck gegeben hätte, der Fragesteller aber ein sehr fröhlicher oder sehr aufgewühlter Mann wäre? Deshalb entschied ich mich, den Herrn von einer Perspektive zu zeichnen, von der man sein Gesicht nicht sehen kann. Was man über ihn sagen kann ist, dass er mit ziemlicher Sicherheit männlich ist, weil die Kleidung, die er trägt, stark darauf hinweist. Abgesehen davon steht wenig mit Sicherheit fest. Man kann nicht klar sagen, ob er jung ist oder alt, glücklich oder traurig, welche Hautfarbe er hat. Unter der fließenden Sommerkleidung könnte er sehr dünn sein, genauso aber etwas mollig oder muskulös. So hoffe ich, dass es einfach ist, den Herrn als Repräsentanten von jedem tatsächlich existierenden Mann zu betrachten.
Wenn Sie sich an die Stelle des Herrn versetzen, finden Sie sich in einem Raum, gerade dabei, auf einen Schemel zu steigen - um einen geschnitzten Holzbogen als Rahmen in der Fensteröffnung anzubringen. Offenbar sind Sie schon länger bei der Arbeit, denn weitere Holzteile und Nägel liegen noch auf dem Boden und ein Werkzeuggürtel hängt um Ihre Hüften. Draußen vor dem Fenster ist eine frühsommerliche Landschaft mit blühenden Bäumen zu sehen.
Ich stellte den Herrn als Zimmermann dar, weil ich wollte, dass er mit einer Aufgabe beschäftigt ist, dabei ist, etwas zu kreieren, zu schaffen. Denn das Leben jedes individuellen Menschen ist immer ein Prozess in dem wir fortlaufend etwas tun. Selbst wenn wir schlafen, oder faulenzen; alles, was wir tun, wird zum Teil unserer Geschichte, zu einem Teil von uns selbst. Ich wählte das Heimwerker-Thema also nur zum kleinen Teil, weil Heimwerken eine der traditionell männlichsten Tätigkeiten ist. Es war viel mehr, weil der Raum bzw. das Haus, das der Herr zimmert ein wunderbares Symbol dafür ist, dass man sich sein Leben einrichtet bzw. sich im Leben einrichtet - und dass das, was wir sind, nicht klar davon zu trennen ist, was wir tun. Sie haben sicher schon bemerkt, dass der Herr die Wände und Decke nicht mit einer gewöhnlichen blauen Farbe angestrichen hat - er hat sie mit dem Blau des Himmels bemalt! Dies sagt, dass wir uns nicht nur ein Zuhause in der Welt schaffen, sondern auch ein Zuhause, das aus unserer Welt besteht.

Der Herr (b) in Beziehung zur Dame (b): Wenn Sie Herr (b) und Dame (b) nebeneinander ansehen, ist sehr eindeutig, dass sie sich in einer sehr ähnlichen Umgebung befinden; vielleicht sogar im selben Raum. Der wichtigste Grund dafür ist, dass ich wollte, dass klar ersichtlich ist, dass Herr und Dame zwei Personen repräsentieren, die in irgendeiner Art von Beziehung zueinander stehen, also zumindest einen Teil ihrer jeweiligen Wirklichkeiten miteinander teilen.


Wenn Herr und Dame voneinander wegsehen, scheint es fast, als ob sie benachbarte Räume desselben Hauses bewohnten. Beide sind mit einer eigenen Aufgabe beschäftigt. Möglicherweise verrichtet der Herr seine handwerkliche Tätigkeit nicht nur für seinen Raum alleine, sondern für das gemeinsame Haus, und möglicherweise spinnt die Dame ihr Garn nicht nur für sich selbst, sondern auch für seine Kleidung (immerhin ist das Gern, das sie im Augenblick spinnt, von einem ganz ähnlichen Blau wie seine Kleider). Aber es könnte genauso gut sein, dass beide für sich selbst arbeiten. Und da sie - zumindest im Augenblick - voneinander wegsehen, sind sie definitiv mit der Aufmerksamkeit mehr bei ihrer Aufgabe und nicht dabei, miteinander zu kommunizieren.


Wenn Herr und Dame einander ansehen scheint es, als teilten sie denselben Raum. Beide sind mit ihrer eigenen Aufgabe beschäftigt, aber weil sie einander ansehen scheint es sehr viel wahrscheinlicher, dass der Herr für sie beide am Haus arbeitet, und dass sie ihr Garn für ihrer beider Kleidung spinnt. Auch kommt man hier eher auf den Gedanken, dass sie in Kommunikation miteinander stehen, zumindest in schweigender.

Der Herr (b) in Beziehung zu Herr (a): Ein Grund, warum mein Lenormand Deck zwei Herren enthält ist, um gleichgeschlechtliche Beziehungslegungen (z.B. für zwei gute Freunden oder ein homosexuelles Pärchen) zu ermöglichen. Da in diesem Fall die beiden Herren zwei Männer repräsentieren, die in irgendeiner Form von Beziehung zueinander stehen, einen Teil ihrer Wirklichkeit gemeinsam haben, war es mir wichtig, dass die beiden Bilder inhaltlich und formal aneinander verknüpfbar sind.
Wenn Sie Herr (b) und Herr (a) nebeneinander ansehen, können Sie sich sicher vorstellen, dass die Trauben, die Herr (a) gesammelt hat für seinen guten Freund oder Partner gedacht sind. Und das Haus, das Herr (b) gerade im Bauen begriffen ist, wird Herrn (a) Unterschlupf von der Kälte gewähren. Diese inhaltliche Verflechtung soll zeigen, dass beide Herren (und damit auch die Männer, die sie repräsentieren) eine wichtige Rolle in ihrer gemeinsamen Beziehung erfüllen. Die Verbindung zwischen den beiden wird übrigens auch dadurch angedeutet, dass die blühende Frühlingslandschaft, auf die Herr (a) zugeht, eine ganz ähnliche ist wie die, in der Herr (b) sein Haus baut.

Der Herr (b) in Beziehung zu Dame (a): Ein Grund, warum mein Lenormand Deck zwei Frauen enthält ist, dass ich gemischtgeschlechtliche Pärchen ermöglichen wollte, bei denen beide Personen in die gleiche Richtung blicken. Manche KartenlegerInnen ziehen dies vor bzw. sind es gewöhnt. Weil auch der Herr und die Dame in dieser Zusammensetzung zwei Personen repräsentieren, die in irgendeiner Art von Beziehung zueinander stehen, war es mir wichtig, dass die beiden Bilder inhaltlich und formal aneinander verknüpfbar sind.
Wenn Sie sich die beiden Karten ansehen, werden Sie hoffentlich auf den Gedanken kommen, dass die Äpfel, die die Dame (a) gesammelt hat für ihren guten Freund oder Partner gedacht sind. Und das Haus, das der Herr baut, wird ihr Schutz vor der Kälte bieten, wenn sie von ihrer Arbeit zurückkommt. Diese Verschränkung soll ausdrücken, dass alle an einer Beziehung beteiligten Personen immer ganz eigene, wichtige Rollen für die Beziehung spielen. Dass Herr und Dame in dieser Zusammensetzung einen Teil ihrer Wirklichkeiten gemeinsam haben zeigt sich auch daran, dass die Landschaft, durch die die Dame wandert, dieselbe ist wie die Landschaft draußen vor dem Fenster des Herrn. Um es noch einfacher zu machen, diese beiden Karten zu verbinden, haben sie beide Kleider und Rahmen in einer ganz ähnlich blaugrauen Farbe.  
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