Die Bedeutung:
Türme waren wichtige bauliche Mittel der Verteidigung, und sie steckten Herrschaftsgebiete ab. Alle folgenden Interpretationen der Turmkarte sind aus diesen Funktionen abgeleitet.
Verteidigungsmauern / Grenzen / "Nein!": Türme sind meist sehr massiv gebaut; abweisend; sie schützen ihre Bewohner vor Angreifern. Auch visuell sagen sie sehr klar "Komm nicht näher!" bzw. "Kein Eintritt!". Der Turm repräsentiert daher Grenzen. Er steht für tatsächliche, vor allem aber metaphorisch Verteidigungsmauern. In unserem stressigen Alltag kann es ungemein wichtig sein, "nein" sagen zu können zu den Ansprüchen anderer. Aber wenn wir uns andauernd hinter einem metaphorischen Verteidigungswall verschanzen, selbst wenn uns niemand anzugreifen versucht, können wir auch sehr unnahbar werden, einsam.
Rückzug / Alleinsein / Isolation: Wenn man von dort weitergeht, wo der vorangehende Absatz aufhört, dann steht der Turm ganz eindeutig auch für Zeiten, in denen wir uns von anderen zurückziehen - emotional oder auch physisch, in denen wir Gesellschaft meiden. Der Turm repräsentiert also Rückzug und Alleinsein. Das kann etwas sehr positives sein. Alleinsein kann uns den Raum geben, uns zu beruhigen, zu rasten, uns zu erholen. Aber es könnte auch etwas negatives sein, vor allem, wenn das Alleinsein nicht freiwillig ist. Dann wird das erholsame Alleinsein zu bedrückender Einsamkeit, vielleicht sogar Isolation. Die Schutzwälle, die wir als Schutz vor Störung bauten, werden zum Gefängnis.
Klare Sicht / Rationalität / (Selbst)Disziplin: Türme sind der Definition nach hohe Bauten. Von ihrer Spitze aus kann man sehr weit sehen. Deshalb interpretiere ich die Turmkarte oft als eine klare Sicht, bzw. als Weitblick. Weil wir die Dinge nur dann klar sehen können, wenn unser Urteilsvermögen nicht durch überwältigende Leidenschaften getrübt ist, repräsentiert der Turm außerdem auch Rationalität. Er steht für die Fähigkeit, uns von unseren unmittelbaren Gefühlen distanzieren zu können und Urteile aufgrund von Fakten zu treffen; er steht für (Selbst)Disziplin. All das klingt sehr positiv. In einer übertriebenen Form aber wird es zu der Unfähigkeit, anderen emotional nahe zu sein; der Turm steht hier für eisige Ruhe, für rigide, Unnahbarkeit.
Hierarchie / Stolz / Exzellenz: Türme können aus großer Distanz gesehen werden; sie erheben sich weit über andere Gebäude hinaus, scheinen laut zu proklamieren "Ich bin der Größte!". Deshalb kann der Turm für Hierarchien stehen, für hierarchisches Denken - und für Stolz. In manchen Fällen handelt es sich dabei um gerechtfertigten Stolz auf tatsächliche Errungenschaften. In anderen Fällen aber weist der Turm auf Prahlerei hin, oder auf Arroganz. Er kann bedeuten, dass Exzellenz tatsächlich gegeben wird, dass wir an der Spitze stehen. Manchmal interpretiere ich den Turm als den Rat, über einer Sache zu stehen; sich nicht hinunterziehen zu lassen, sich nicht auf unproduktives Handeln oder auf chaotische Situationen einzulassen. Der Turm kann uns aber auch warnen, dass wir irrtümlich glauben, wir seien besser als andere; dass wir den großen Herrn spielen.
Autorität / Kontrolle / Regierung bzw. staatliche Institutionen: Ein Grund, warum Türme gebaut wurden, war, Herrschaftsgebiete abzustecken. Daher repräsentiert der Turm traditionell wohl auch die Regierung bzw. staatliche Institutionen, sowie alle anderen Organisationen/Behörden, die Macht über das Schicksal von Menschen haben. Außerdem - nützlicher für meine eigenen Legungen - steht der Turm für Autorität, bzw. für Positionen, mit denen Macht verbunden ist. In diesem Sinn repräsentiert der Turm, ähnlich wie der Bär, eine Führungs- bzw. Leitfunktion. Ich persönlich sehe den Turm aber als sehr viel kühlere, unpersönlichere, eher bürokratische Art von Führung; mehr Kontrolle als Anleitung. Er eignet sich deshalb auch großartig als Repräsentant für KontrollfanatikerInnen!
Das Bild:
Ich hoffe, dass sich die Illustration meines Turmes beinahe von selbst erklärt! Der Turm ist hoch, aber nahezu ungeschmückt. Abgesehen von seinem goldenen Dach, der goldenen Fahnenstange und den Goldornamenten rund um die obersten Fenster ist er sehr kalt, abweisend von außen. Wir wissen nicht, wie er von innen aussieht; die Kammer ganz oben könnte durchaus gemütlich sein! Aber von außen, aus der Sicht einer Person, die sich dem Turm annähert bzw. vorhat, anzuklopfen und um Eintritt zu bitten, sieht der Turm gewiss nicht freundlich oder gar einladend aus. Seine Türe sowie alle Fenster außer den obersten sind verschlossen bzw. haben geschlossene Läden. Sie zeigen, so wie auch das Banner, ein rotes Feld unter einem blauen Andreaskreuz. Dieses Wappen ist eine weitere Art, auf die mein Turm sein "Nein", "Kein Eintritt!" ausdrückt. Und das Rot repräsentiert Leidenschaft, das Blau Rationalität. So drückt das Wappen aus, dass Rationalität hier über den Leidenschaften steht. Der untere Bereich des Turmes, so wie wir ihn sehen können, ist nahe zum Boden; die Baumwipfel sind sichtbar. Seine Spitze erhebt sich weit darüber hinaus, über die Wolken sogar. Von den obersten Fenstern, deren Läden im Unterschied zu den unteren Fenstern auch weit offen stehen, hat man einen wunderbar klaren, weiten Blick.
Erwähnenswert ist auch, dass ich Turm und Schlüssel formal miteinander verknüpfte. Denn so wie der Turm "Nein!" sagt und "Bleib draußen!", sagt der Schlüssel "Ja!" und "Willkommen!".
Vielleicht haben Sie selbst schon bemerkt, dass die Umgebung des Turmes sehr stark der Landschaft ähnelt, die im Türspalt auf der Schlüsselkarte gerade schon sichtbar wird. Turm und Schlüssel könnten sehr leicht zwei verschiedene Zeitpunkte oder Perspektiven des selben Szenarios zeigen. Während in der Schlüsselkarte die Einwohnerin des Turmes die Tür nach draußen geöffnet hat, ist die Tür in der Turmkarte noch - oder wieder - fest verschlossen; Eintritt bleibt verwehrt. Ein weiteres Zeichen, dass es sich bei beiden Karten um das selbe Szenario aus unterschiedlichen Perspektiven oder zu unterschiedlichen Zeitpunkten handelt ist, dass das Türblatt auf der Schlüsselkarte ebenfalls ein Andreaskreuz zu zeigen scheint.
